Für andere Verhältnisse und nicht nur für die Verbesserung der falschen! – Hochschulaktionstag 20.11.

Am 20.11. – dem Trans* Day of Remembrance und dieses Jahr auch Hochschulaktionstag – waren wir bei der Streikdemo in Jena mit 500 Leuten auf der Straße. Auch wir haben im Vorhinein dazu aufgerufen sich bei dem Streik zu beteiligen und haben auf der Demo einen Redebeitrag gehalten. Aufruf und Redebeitrag wollen wir hier dokumentieren.

Aufruf

Am kommenden Montag, den 20. November ist nicht nur der internationale Trans* Day of Remembrance sondern auch bundesweiter #Hochschulaktionstag.

Wir, die Undogmatische Radikale Linke Jena rufen zusammen mit Gewerkschaften, hochschulpolitischen und zivilgesellschaftlichen Organisationen zum gemeinsamen Aktionstag und Warnstreik in Jena auf.

Die Friedrich-Schiller-Universität Jena hat aktuell ein geschätztes Haushaltsdefizit von 15
Millionen Euro, plant 100 Vollzeitstellen abzubauen und freiwerdende Stellen nicht wieder zu
besetzen. An Thüringer Hochschulen fehlen über 1000 Mitarbeiter*innen – der größte Personalrückgang der letzten 20 Jahre. Das alles ist Ausdruck einer Politik, die kein Interesse an den Arbeits- und Lebenssituationen der Beschäftigten an den Hochschulen hat. Währenddessen steigen die Lebenserhaltungskosten im Zuge der Inflation, die Löhne allerdings stagnieren und die Situation für Forschende, Lehrende und Studierende wird zunehmend prekärer. Darum schließen wir uns den Forderungen angesichts der Tarifrunde der Länder an. Lasst uns gemeinsam für höhere Löhne und bessere Arbeits- und Studienbedingungen streiken!

Wir wollen allerdings auch über unmittelbare Forderungen hinausweisen! Denn auch die Wissenschaft unterliegt den kapitalistischen Zwängen und das Problem sind nicht bloß niedrige Löhne. Hochschulen sind genauso Unternehmen, in denen Beschäftigte in Lohnarbeitsverhältnissen ausgebeutet werden und Studierende auf ebendieses vorbereitet werden sollen. Und darum lasst uns unsere Kämpfe verbinden und nicht nur für eine Verbesserung der falschen Verhältnisse auf die Straßen gehen, sondern auch für andere Verhältnisse!

Hochschulaktionstag am 20.11.23 in Jena

  • 8:00 Uhr: Infostände auf dem Johannisplatz und an der
    Ernst-Abbe-Hochschule
  • 10:00 Uhr: Gemeinsamer Kundgebungsstart auf dem Johannisplatz mit
    anschließendem Demonstrationszug

Trans* Day of Remembrance 20.11.23 in Jena

  • 17:30 Uhr: Gedenkkundgebung am Fauloch
  • Außerdem die ganze Woche über Programm in Jena und Weimar

Infos zum Trans* Day of Remembrance in Jena

Infos zum bundesweiten Hochschulaktionstag

Redebeitrag –

Für andere Verhältnisse und nicht nur für die Verbesserung der falschen!

Hallo, mein Name ist X und ich spreche für die URL Jena. Wir sind in antifaschistischen, feministischen und sozialen Kämpfen aktiv und möchten heute über eine strukturelle Perspektive auf den prekären Wissenschaftsbetrieb sprechen.

Bei den Verhandlungen hieß es von der Gegenseite, dass wir alle zu Zeiten von Krise und Krieg ärmer werden. Das ist natürlich völliger Quatsch und ausdruck einer kapitalistischen Ideologie, die uns weiß machen will, dass wir alle im selben Boot sitzen um uns dann in Lohnarbeitsverhältnissen auszubeuten.
Es stimmt natürlich nicht, dass alle ärmer werden. Während die Reichen massive Profite einfahren, werden mal wieder nur die ärmer, die eh schon vergleichsweise wenig haben.
Und es stimmt auch nicht, dass die Unterfinanzierung von Forschung und Lehre und die prekären Beschäftigungsbedingungen an Hochschulen und Universitäten nur vorrübergehende Krisensysmptome eines sonst stabilen Systems sind, Den diese Verhältnisse, gegen die wir heute auf die Straße gehen haben System.

Es hat System, dass unbezahlte Zwangspraktika Teil des Studiums sind, und viele Bereiche der Wirtschaft auf eine solche unbezahlte und enteignete Arbeit angewiesen sind. Gerade im sozialen Bereich lässt sich das erkennen, wo ewiglange unbezahlte Zwangspraktika Teil des Studiums sind und Träger ohne unbezahlte Praktikant*innen gar nicht funktionieren würden.

Es hat System, dass Wissenschaft und Forschung, die nicht unmittelbar der Kapitalakkumulation dient unterfinanziert ist und im Zweifel abgesägt wird, wie wir hier in Jena zum Beispiel beim Lehrstuhl für Geschlechtergecschichte beobachten mussten.

Es hat System, dass die FSU unerlässlich dabei ist durch Neubau und Verfall die Zahl ihrer leerstehenden und ungenutzten Gebäude zu erweitern und dabei darauf setzt linke Räume zu verdrängen, wie zuletzt bei der Verdrängung der Insel, und in der versuchten Hausbesetzung im Forstweg 19 von Leerstand Gestalten zu erkennen war.

Es hat System, dass Beschäftigte der Hochschulen und Universitäten genauso wiie in anderen Unternehmen in Lohnarbeitsverhältnissen ausgebeutet werden, und Studierende auf ebendieses ideologisch und ausbildungstechnisch vorbereitet werden sollen.

Es hat System, weil auch die Wissenschaft und der Hochschulbetrieb den kapitalistischen Zwängen unterliegen. Darum lasst uns nicht dabei stehen bleiben für bessere Löhne und Arbeitsverhältnisse zu kämpfen. Lasst uns nicht für eine Verbesserung der falschen Verhältnisse, sondern auch für andere Verhältnisse auf die Straße gehen!

Dass Protest wirken kann, hat zum Beispiel die Hörsaalbesetzung letztes Jahr gezeigt. Nach einer Besetzung, die mehrere Wochen gedauert hat und selbstbestimmt aufgelöst wurde, wurden die Gepräche zum den Erhalt des Lehrstuhls für Geschlechtergeschichte neu aufgenommen, und auch ein selbstorganisierter Raum in der Uni wurde sich mit der Besetzung erkämpft. Die Besetzung und die Reaktion der Uni haben uns ebenso wie die aktuellen Tarifverhandlungen zum wiederholten Male gezeigt: Uns wird nichts geschenkt, wir müssen uns unsere Räume und Rechte ebenso wie unsere Arbeits-, Studien- und schließlich Lebensverhältnisse selbst erkämpfen! Gemeinsam kann uns das gelingen.

Darum lasst uns als Studierende und Beschäftigte von Unis, Hochschulen, Kliniken und anderen Betrieben zusammen eine Perspektive für einen breiten politischen Streik aufbauen. Lasst uns dafür kämpfen, dass Streikrecht auszubauen und die Verhältnisse in denen wir Leben zu ändern, hin zu einer solidarischen und klimaverträglichen Wirtschaftsweise, in der nicht die Profite der Reichen, sondern die Bedürfnisse der arbeitenden Menschen oben stehen.

Danke für eure Aufmerksamkeit, danke dass ihr heute auf der Straße seid, bleibt kämpferisch!

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