Solidarität mit der Hausbesetzung von Leerstand Gestalten

Wir haben voller Freude von der Besetzung des Hauses in der Forststraße 19 am 27. Mai in Jena erfahren und waren begeistert von der solidarisch und kämpferischen Stimmung vor Ort. Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Menschen, die daran beteiligt waren, dass die Besetzung und das Straßenfest möglich waren. Das ist ein großes Dankeschön, vor allem an Leerstand Gestalten.

Nicht nur wir waren über die Besetzung erfreut. Auch Passant*innen und Bewohner*innen vor Ort erklärten sich mit der Besetzung solidarisch und wünschten allen daran Beteiligten viel Erfolg. Zu groß ist das Unverständnis für die Politik der Universität, die unzählige Häuser in Jena leer stehen lässt, obwohl es gleichzeitig Mieterhöhungen, Verdrängung und Obdachlosigkeit gibt. Die Absurdität der Situation wird allzu deutlich in der Geschichte des besetzten Hauses. Dieses steht seit sieben Jahren leer und die frühesten Nutzungspläne der Universität beginnen in vier Jahren. Auch wenn vor Ort niemand sagen konnte, was diese Nutzungspläne überhaupt besagen. Von Seiten der Besetzung gab es konkrete Pläne das Haus wieder mit Leben zu füllen und dringend benötigte, offene Räume zu schaffen. Wir brauchen dringend offene Räume von denen es in Jena so gut wie keine gibt. Und wenn Menschen viel Energie, Zeit und Liebe in den Aufbau und Erhalt von offenen Räumen stecken, werden sie verdrängt und mit Gewalt davon abgehalten solidarische Formen des Zusammenlebens zu praktizieren. Wir haben es gesehen in der Verdrängung auf der Insel und in der Räumung des Waagenplatzes und jetzt in der Räumung der Forststraße 19.

Wir brauchen offene und solidarische Räume und wir brauchen dringend für alle verfügbaren Wohnraum, denn auch in Jena ist Wohnungslosigkeit für die Betroffenen ein gigantisches Problem, das uns alle etwas angeht. Doch anstatt, dass sich konsequent darum gekümmert wird, dass Leerstand zum Wohnen und Leben verfügbar gemacht wird, werden auch hier die Menschen konsequent verdrängt. Anstatt die Wohnungslosigkeit zu bekämpfen, bekämpft Jena Wohnungslose, indem öffentliche Orte möglichst so gestaltet werden, dass sich Menschen ohne eigenen Wohnraum möglichst unwohl fühlen. Themen wir Defensive Architektur und Verdrängung sind ein beliebtes Seminarthema an der Universität die am 27.05 die Räumung veranlasst hat.
Wir haben kein Verständnis für eine Universitätsleitung, die soviel Leerstand zu verantworten hat, sich aber dann noch nicht einmal die Pläne für eine sozio-kulturelle Nutzung anhört und sich statt dessen hinter der Kriminalisierung von Aktivist*innen versteckt. In Uniseminaren von Sozialer Gerechtigkeit zu reden, aber Strukturen, die sich für mehr Gerechtigkeit einsetzen, mit polizeilicher Gewalt zu verdrängen ist Ausdruck einer kaum erträglichen Heuchelei.

Nicht nur sind wir über das generelle Vorgehen der Universität entsetzt, auch können wir nicht nachvollziehen, dass Herr Rosenthal vor Ort polizeiliche Willkür ermöglicht hat. Die Polizei war über eine Stunde lang mit unseren Freund*innen im Haus, ohne dass es eine Öffentlichkeit gab, die die polizeilichen Maßnahmen hätte mitverfolgen können. Doch nicht nur gab es keine Öffentlichkeit, sie wurde aktiv verhindert. Herr Rosenthal hat verhindert, dass Presse ns Haus gehen konnte und auch eine Parlamentarische Beobachtung wurde nicht zu den Besetzer*innen durchgelassen.¹

Wir sind solidarisch in der Lage uns um das Haus zu sorgen. Die Uni beweist seit sieben Jahren, dass sie es nicht ist. Wir werden nicht zulassen, dass die Uni die Ressourcen in der Stadt verkommen lässt und sich an Verdrängung und Verwertung beteiligt.

Unsere volle Solidarität gilt Leerstand Gestalten und vor allem allen Betroffenen von Polizeigewalt und Repression.

 


¹In der ersten Version, die wir auch per Mail verschickt haben, haben wir geschrieben, dass eine parlamentarische Beobachterin nach ca. einer Stunde und Verhandlungen in das Haus gelassen wurde. Von einer der Besetzer*innen wurden wir nun darauf hingewiesen, dass die komplette gewaltvolle polizeiliche Maßnahme und Räumung im Haus unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hat, und nie eine parlamentarische Beobachterin zu ihnen durchgelassen wurde. Zwar sah es von der Straße so aus, dass eine parlamentarische Beobachterin nach ca. einer Stunde das Haus betreten durfte, diese hatte allerdings im Haus nie Kontakt zu den Besetzer*innen.
Uns tut Leid, dass wir uns so unklar ausgedrückt haben und somit etwas suggerierten, was klar dem widersprach, was die Besetzer*innen erlebt haben. Außerdem tut uns Leid, dass wir nicht vorher mit den Besetzer*innen abgeklärt haben was passiert ist.

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