Statement zur Auslieferung von Maja

In der Nacht vom 27. auf den 28. Juni 2024 wurde Antifaschist*in Maja aus der U-Haftzelle in Dresden geholt und an die österreichisch-ungarische Grenze gebracht. Damit ist unsere größte Befürchtung wahr geworden: Deutschland hat Maja, eine nicht-binäre antifaschistische Person, ans rechts-autoritäre Ungarn ausgeliefert. Am selben Wochenende wurden Demonstrant*innen in Essen in ihrem Protest gegen die rechtsextreme AfD von der Polizei brutal niedergeknüppelt. Und am folgenden Montag wurde die Eisenacher Neonazi-Kampfsportgruppe Knockout 51 mit unverhältnismäßig niedrigen Haftstrafen von nur zwei bis drei Jahren aus dem Gericht entlassen.

Bei der Auslieferung Majas haben Generalstaatsanwaltschaft und LKA Sachsen nicht nur höchst zwielichtig eine Reaktion durch das Bundesverfassungsgericht untergraben und Grundrechte missachtet, das Kammergericht Berlin hat sich auch willentlich und aktiv entschieden, Maja in eine Haftsituation zu bringen, in der mit fehlenden Hygienebedingungen, Mangelernährung, Ungeziefer in Zellen und gewalttätigen Wärter*innen zu rechnen ist. Und auch Ungarns wachsende queerfeindliche Politik auf der Straße und in Behörden hat das Kammergericht nicht davon abgehalten, eine nicht-binäre Person in ein eben solches Land auszuliefern. Und auch nicht, dass EU und Menschenrechtsorganisationen an der Rechtsstaatlichkeit und Unabhängigkeit des Justizsystems in Ungarn zweifeln. Das Vorgehen der Justiz ist politisch motiviert und spielt rechten Kräften enorm in die Hände.

Dass das alles unter einer SPD-geführten Regierung passiert, ist wenig überraschend und reiht sich ein in eine autoritäre und repressive Politik, die im Zeichen eines Rechtsrucks steht, der fast alle Parteien durchzieht. Das macht die Sache aber nicht weniger skandalös und zeigt nur umso mehr, dass der Staat kein Partner im Kampf gegen den Faschismus ist, sondern ihn selbst heraufbeschwört.

Dass Menschen in Länder abgeschoben, ausgeliefert oder ausgewiesen werden ist auch kein Einzelfall, es passiert tagtäglich und zerstört Existenzen und Familien. Im Bundestag planen Grüne und SPD zusammen Abschiebungen und Rückführungen nach Syrien und Afghanistan, Länder in denen Folter und unmenschlichste Lebensbedingungen drohen. Wer Menschen in Staaten abschiebt und ausliefert, in denen der Schutz von Menschenrechten nicht gewährleistet wird, und das unter dem fadenscheinigen Grund den eigenen Rechtsstaat zu schützen, bekämpft ihn nur selbst und macht sich zum Mittäter im Aufstieg faschistischer Kräfte.

Wir sehen den Rechtsruck in den Parlamenten, auf der Straße, in der Justiz, in der Diskursverschiebung und überall. Wir sehen wie SPD, Grüne und FDP mit Wahlversprechen durchkommen, die vor fünf Jahren nur rechte Parteien gemacht hätte. Und wir sehen in dieser Entwicklung das erwartbare Scheitern der parlamentarischen Demokratie, welche sich von Krise zu Krise hangelt und selbst proklamierte Werte nur immer weiter verrät.

Mit der Auslieferung von Maja, der Polizeigewalt in Essen und dem erschreckend niedrigen Urteil gegen Knockout-51 hat sich wieder einmal gezeigt, dass wir uns im Kampf gegen den Faschismus nicht auf den Staat verlassen können. Wir wissen aus unserer Geschichte und Gegenwart, dass wir uns nur selbst schützen können. Ein antifaschistischer Selbstschutz stellt sich nicht als Frage, er drängt sich als Notwendigkeit auf, wenn organisierte Neonazi-Kampfsportler in der Nachbarschaft für detaillierte Mordpläne an politischen Gegner*innen mit 2 Jahren Freiheitsstrafe davon kommen und ihr Waffenbesitz als Notwehr interpretiert wird. Er drängt sich als Notwendigkeit auf, wenn in Thüringen damit gerechnet werden muss, dass ein Faschist den nächsten Ministerpräsidenten stellt. Es drängt sich die Notwendigkeit auf, wenn die Polizei immer wieder Demonstrant*innen die gegen den Rechtsruck vorgehen mit brutaler Gewalt niederknüppelt und sich in Essen schützend vor AfD-Funktionär*innen stellt. Er drängt sich als Notwendigkeit auf, wenn die parlamentarischen Parteien im einen Moment auf “Demos gegen Rechts” große Reden schwingen und im nächsten Moment “im großen Stil abschieben” oder Antifaschist*innen in die Illegalität drängen.

Für uns ist klar: Den Rechtsruck müssen wir bekämpfen, mit unterschiedlichsten Mitteln und unsere Wut, Trauer und Empörung auf die Straße tragen! Das Vorgehen der deutschen Justiz muss öffentlich skandalisiert werden, Maja muss nach Deutschland zurückgeholt werden!
Unsere Gedanken sind bei Maja, bei Majas Familie, Freund*innen und Genoss*innen, bei den Untergetauchten und Angeklagten und bei allen die sich solidarisch zeigen. Liebe und Kraft in Untergrund und Knast!

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