Kurze Auswertung von ‚Wir Zahlen Nicht‘

Wir als URL haben Anfang des Jahres eine Lokalgruppe für die Kampagne ‚Wir Zahlen Nicht‘ in Jena aufgebaut.

Unsre Kritik bezog sich dabei auf die immens gestiegenen Strompreise während Energiekonzerne Milliarden-Gewinne verdienen.  Der Ausgangspunkt für die bundesweite Kampagne war die Frage wie eine bezahlbare und gleichzeitig klimafreundliche Energieversorgung aussehen kann. ‚Wir Zahlen Nicht‘ sollte eine linke Antwort im heißen Herbst darstellen. Mittel der Wahl war dabei eine Organizingkampagne für einen massenhaften Zahlungsstreik der Stromkosten wodurch wir Druck für unsere Forderungen ausüben und eine selbstgewählten Strompreisbremse eigenständig durchsetzen wollten.Wir forderten die Vergesellschaftung und Dezentralisierung der Stromversorgung, 100% erneuerbare Energien, und Zugang zu Strom für alle

Leider wurde die Kampagne aufgrund verschiedener Herausforderungen unter bundesweitem Konsens eingestellt. Ein paar Punkte wollen wir hier transparent machen:

In Diskussionen und Aktionen auf der Straße gab es viel positives Feedback. Die steigenden Preise schienen einen Nerv bei den Menschen zu treffen. Deutlich wurde ein allgemeiner Frust bezüglich der aktuellen politischen Situation. Möglicherweise machten jedoch der Strompreise ein zu kleiner Teil des Frustes aus. Die Kampagne konnte außerdem nicht genug Hoffnung erwecken, um die persönliche Hemmschwelle für das Aktivwerden zu senken. Ohne klare Zwischenziele wirkte die Kampagne mit ihrem hochangesetzten Ziel von 1 Million Unterschriften vielleicht zu unerreichbar. Des Weiteren funktionierte unser Versuch eine Kerngruppe in Jena aufzubauen nicht wie gewünscht. Zum einen gab es zu wenig Resonanz aus der linken Szene, da möglicherweise der gesellschaftliche Diskurs über den Strompreis bereits am Abklingen war. Zum anderen benötigt Organizing viel Zeit und personelle Ressourcen, die wir innerhalb des kurzen Zeitfensters des politischen Momentums nicht ausreichend hatten. WZN versuchte den Spagat zwischen Diskursintervention und Organizing. Diese Kombination ist uns innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit nicht gelungen. Eine weitere Schwierigkeit hat sich daraus ergeben, dass die Kampagne bundesweit angelegt war ohne eine Möglichkeit sie lokal weiterzuführen. So waren wir auch davon abhängig noch mehr Städte als Berlin, Halle, Kiel, Darmstadt und Jena ins Boot zu holen, was uns nicht gelungen ist.

Trotzdem sehen wir weiterhin viele vielversprechende Aspekte in der Kampagne:WZN hat eine gute Verknüpfung aktueller Themen und Krisen schaffen können. So verband die Kampagne die Kritik an Milliarden-Gewinnen von Großkonzernen mit den akuten Bedürfnissen der Menschen und der Klimakrise.Auch die Form des politischen Zahlungsstreiks sehen wir weiterhin als interessante Möglichkeit, um Menschen Handlungsfähigkeit in politischen Krisen zu ermöglichen.Zuletzt glauben wir, dass das Thema Vergesellschaftung als linke Antwort auf aktuelle soziale Probleme großes Mobilisierungs-Potenzial hat und einen guten Hebel bietet, um den Kapitalismus anzugreifen. Dies konnte zuletzt bei der Kampagne ‚Deutsche Wohnen und Co. enteignen‘ in Berlin beobachtet werden.Wir haben also keineswegs die Hoffnung aufgegeben. Derzeit sammeln wir uns als Gruppe mit unsrer Erfahrung durch WZN neu, sodass ihr uns in einem ähnlichen Kontext in Jena wiederfinden werdet!

Vielen Dank an alle, die mit uns zum Zahlungsstreik bereit waren oder uns unterstützt haben! 💛🖤Solidarische Grüße, URL

 
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