Ein paar Punkte zur aktuellen Situation
Wie in anderen Städten auch, haben wir es in Jena gemeinsam geschafft ein breites und streckenweise sehr handlungsfähiges Bündnis zum Krisenwinter aufzubauen Letztlich haben wir es als außerpalamentarische Linke (in Jena und ganz Deutschland) aber nicht geschafft diskursbestimmend zu agieren, geschweige denn echte materielle Verbesserungen zu erreichen oder Wege aus der Dauerkrise aufzuzeigen. Trotz unser Bemühungen, ist es uns größtenteils nicht gelungen eine eigene Wirkmächtigkeit zu entwickeln, die über Apelle an die Politik hinausgeht. Zudem konnten wir rechten Mobilisierungen nicht nachhaltig Wind aus den Segeln nehmen.
Währenddessen bleiben die Belastungen durch hohe Energiekosten bei gleichzeitig stark steigenden Konzernprofiten bestehen. Auch die Strompreisbremse für 80% des Verbrauchs bei 40ct/kWh ändert daran nichts. Während die Energiekonzerne Milliarden machen, können sich Millionen Haushalte die steigenden Energiekosten nicht mehr leisten. Bereits vor den hohen Preisen wurden 2021 4,3 Millionen Haushalten Stromsperren angedroht, wovon 235.000 durchgesetzt wurden. Die steigenden Preise und die Energiekrise werden uns also aller Voraussicht nach noch länger beschäftigen.
Die Kampagne Wir zahlen nicht und erste Überlegungen für Jena
Wir wollen nicht mehr für die Profite der Energiekonzerne bezahlen und organisieren daher mit der Kampagne Wir zahlen nicht einen Zahlungsstreik. Organisierungsziel ist es eine kritische Masse (aktuell 1mil.) für den Streik zu gewinnen, um dann gemeinsam nicht mehr zu bezahlen. Der gemeinsame Zahlungsstreik soll dabei den Handlungsspielraum eröffnen uns kollektiv und solidarisch zu organisieren und einen Weg aus der Dauerkrise zu finden, indem wir
- das kollektive Nichtzahlen der Stromkosten als Druckmittel gegenüber der Politik und den Konzernen verwenden, damit diese auf unsere Forderungen (s.u.) eingehen;
- die Menschen, die die Stromkosten nicht mehr bezahlen können und von Stromsperren bedroht sind nicht alleine lassen;
- selber wirkmächtig werden und uns nicht auf Apelle an Politiker*innen beschränken.
Ziele und Forderungen der Kampagne sind dabei:
- Ein sofortiger Stopp von Stromsperren
- Ein bezahlbarer Strompreis von 15ct-kWh
- 100% erneuerbare und dezentrale Energie
- Die Vergesellschaftung der Energieversorgung
Die geforderten 15ct/kWh orientieren sich an dem Erzeugerpreis für Erneuerbare in modernen Anlagen (teilweise bei 7ct/kWh). Dadurch ist die Forderung nach einem bezahlbaren Strompreis an die Forderungen nach erneurbarer, dezentraler und vergesellschafteter Energieversorgung geknüpft, und ist so nicht nur einer rechnerische, sondern auch eine politische Entscheidung. Durch diese Verknüpfung sehen wir unter Anderem die Möglichkeit soziale Kämpfe mit der Bekämpfung der Klimakrise sinnvoll zu verbinden.
In Großbritannien war mit Don’t Pay UK eine ähnliche Kampagne sehr erfolgreich, und auch in Deutschland zeigen Erfahrungen aus anderen Städten, dass viele Menschen auch über die Szene hinaus interessiert sind. Daher wollen wir die Kampagne nach Jena bringen, und gemeinsam mit anderne Städten einen Zahlungsstreik organisieren.
Dafür wollen wir eine eigene Wir zahlen nicht Gruppe in Jena aufbauen, die an die bundesweite Kampagne geknüpft ist, und gleichzeitig ein relativ niedrigschwelliges Organisationsangebot für Menschen mit unterschiedlich viel Zeit, Kapazität und Erfahrung sein soll. Neben Flyern, Plakatieren, und Infoständen wollen wir auch Haustürgespräche führen und, falls möglich, gemeinsam mit den Stadtteilinitiativen Basisarbeit machen. Ein gemeinsamer Zahlungsstreik erscheint uns auch dafür ein guter Aufhänger und ein sinnvoller gemeinsamer Fixpunkt zu sein.
Wir wissen, dass diese Form des Streiks und des Organizings einigen Vorstellungen davon wie diese auszusehen haben widerstreben kann, da sich die Streikenden zunächst scheinbar alleine in ihren Wohnungen befinden. Dabei soll und wird es unserer Einschätzung nach aber nicht bleiben, da der tatsächliche Streik nur ab einer kritischen Masse (aktuell 1 Millionen Leute) stattfinden wird, und die Streikenden so mit ziemlicher Sicherheit weitere streikende Personen kennen. Zudem sollen regelmäßige Veranstaltungen stattfinden in denen am Streik interessierte und Menschen die sich bereits eingetragen haben vernetzen und von ihren Erfahrungen erzählen können. Dadurch wollen wir auch das Bilden von Solidaritätsstrukturen unterstützen. Zudem besteht über Telegramm die Möglichkeit für einen ständigen Kontakt. Und zu guter Letzt müssen wir auch beachten, dass es nicht nur um die Leute geht die nicht zahlen wollen, sondern auch um die, die nicht zahlen können und damit aktuell sehr häufig alleine sind, was Wir zahlen nicht versucht zu verändern. Also auch wenn es gegen lang erprobte und festgeschriebene Streik- und Organizingkonzepte geht, sehen wir in Wir zahlen nicht eine vielversprechende Kampagne, die es sich lohnt auszuprobieren.
Eine Auftaktveranstaltung findet am 11.04.23 um 18:30 im SR309 statt . Wir würden uns sehr freuen gemeinsam mit euch als Einzelpersonen oder Gruppe Wir zahlen nicht nach Jena zu bringen.
Falls ihr Interesse, Fragen, oder kritische Anmerkungen habt, schreibt uns gerne unter jena@wirzahlennicht.info, oder verschlüsselt an url-jena@riseup.net.
Weitere Infos zur Kampagne unter wirzahlennicht.info